Ovo & Co – wie die Firma Wander früher für ihre Produkte warb

Eine lange unentdeckte Schachtel offenbart eine wohlbehaltene Sammlung alter Kartonschilder der Dr. Wander AG mit Werbebotschaften aus der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Hiermit wurden unter anderem der Erfolgsklassiker Ovomaltine wie auch pharmazeutische Produkte oder Kosmetika, die die Firma seit ihrer Gründung 1865 entwickelte, beworben.

Von Fabia Hiltbrunner

Ovomaltine
Ovomaltine-Werbetafel, ca. 1930er Jahre
(anonym)

In der allgemeinen Sammlung der Nationalbibliothek sind jüngst 60 Werbetafeln aus Karton aufgetaucht, die in die Graphische Sammlung integriert werden. Die Tafeln erinnern vom formalen Aufbau her an Plakate, sind aber aus Karton hergestellt und mit etwa 30 cm x 45 cm deutlich kleiner. Verwendung fanden sie vermutlich in Geschäftsinnenräumen oder in Schaufenstern in unmittelbarer Nähe zu den beworbenen Produkten. 

Ein schönes Beispiel ist eine Werbetafel für die vor 120 Jahren erfundene «Ovomaltine». Die Form der Tafel ist ausgefallen: sie ist nicht rechteckig, sondern folgt im oberen Teil der grafischen Gestaltung. Dort ragt das Design der Ovomaltinedose heraus, fast so gross wie der untere Teil des Schildes. Die Zutaten des Getränkepulvers sind einzeln dargestellt, begleitet von einer prägnanten Werbebotschaft, welche das Produkt als nützlich für Kleinkinder anpreist. Für die Kundschaft, die zum Kauf der Ovomaltine ermuntert werden sollte, wurde schnell offensichtlich, was drin war: Getreide, Milch, Eier und Kakao. In Verbindung mit dem Text ist die Botschaft eindeutig: Ovomaltine ist gesund und trägt bereits bei Einjährigen zu einer gesunden Lebensweise bei. 

Entwickelt wurde das kakaohaltige Malzgetränk im Jahr 1904 in Bern. Wenn man auf die letzten 120 Jahre dieses Produktes zurückblickt, erkennt man, dass die Wander AG offensichtlich grossen Erfolg mit ihren Werbebotschaften hatte. Die Ovomaltine-Werbung konzentrierte sich anfänglich auf die Wirkung als diätetisches Nährpräparat und das Produkt wurde daher nur in Apotheken und Drogerien verkauft. Erst nach 1922 wurde Ovomaltine auch über den Detailhandel vertrieben.

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Die Karton-Werbetafeln wurden vermutlich so präsentiert, wie in diesem Dorfladen in Russo (TI) im Jahr 1933 (Ausschnitt aus einer Fotografie aus dem Archiv Rudolf Zinggeler in der NB)

In den frühen 1920er-Jahren war die Ovomaltine-Werbung auf die bürgerliche Oberschicht ausgerichtet. Aber schon bald wurde der mögliche Kundenkreis auf alle sozialen Schichten ausgeweitet und die Werbebotschaften entsprechend angepasst. Interessanterweise handelt es sich bei diesen Kartontafeln um eine ganze Werbereihe mit der gleichen Gestaltung. In der Sammlung befinden sich auch Tafeln für «Veguva», «Lacto-Veguva», «Vegumine» oder «Nutromalt» – dadurch wurde ein Wiedererkennungseffekt für die Wander-Produkte hergestellt. Leider verraten uns die Werbetafeln kaum etwas über die Grafiker der Tafeln. Einzig die Druckerei ist manchmal klein vermerkt (Monogramm «LC» zwischen zwei Druckerwalzen). 

Verdichtete Werbebotschaften auf Kartontafeln

Herbalpina
Werbetafel für die Bonbons Herbalpina,
ca. 1950 (anonym)

Auf der Tafel, welche für das Bonbon Herbalpina wirbt, schwebt die Verpackung über einer blühenden Wiese, im Hintergrund ragt imposant die Jungfrau auf. In die perfekte Bergwelt wird das Bonbon Herbalpina eingebettet, welches gegen Husten, Katarrh und Heiserkeit wirkt. Mit der Darstellung der Wiesenkräuter und den Bergen wird eine direkte Referenz zu den Inhaltsstoffen des Hustenbonbons geschaffen.

Heute eher unbekannt sind die pharmazeutischen Produkte der Wander AG, wie etwa das Schmerz- und Rheumamittel Alcacyl, welches ab 1927 produziert wurde.

Alcacyl
Werbetafel für das Schmerzmittel Alcacyl,
ca. 1930er Jahre (anonym)

Die Alcacyl-Werbetafel ist sehr minimalistisch gestaltet. Dargestellt ist ein schwarzer Körper auf rotorangem Hintergrund. «Alcacyl-Punkte» zeigen die verschiedenen Körperstellen an, für die das Mittel wirksam sein sollte. Daneben steht der sehr reduzierte Text «Gegen Schmerzen – Entzündungen – Rheumatismus» und natürlich der Markenname «Alcacyl». Auch bei dieser Tafel ist der Wiedererkennungseffekt gross: Das knallige Rotorange und die schwarze Figur sind unverwechselbar und haben Signalwirkung – die Verpackung von Alcacyl war in der selben Farbe gestaltet. 

Die Produktepalette der Firma war sehr breit, dementsprechend präsentieren sich die Werbetafeln in vielfältiger Weise. Sie lehnen sich stilistisch stark an den Merkmalen von Plakaten an – sie sind auffällig, beinhalten Bild und Schrift und vermitteln Informationen schnell an eine breite Zielgruppe. Das kleinere und stabilere Format der Tafeln konzentriert sich jedoch auf andere Präsentationsorte: sie sind ein kleines Puzzleteil in einem grösseren Ganzen. Die Werbestrategie bestand in einem Zusammenspiel verschiedener Werbeträger (Inserate, Plakate, Verpackung etc.). 

Die in Bern ansässige Wander AG, tätig im Bereich Spezialnahrung und pharmazeutische Produkte, entstand 1865. Grosse Erfolge hatten die Malzextrakte, die 1903 als Maltosan und 1904 als Ovomaltine auf den Markt kamen. Das Unternehmen expandierte international und fusionierte 1967 mit der Sandoz AG. Es gehört heute zur Associated British Foods. In Neuenegg (BE) konzentriert sich seit 2006 die ganze europäische Produktion der diätischen Erzeugnisse, darunter auch die der Ovomaltine. (Nach: Walter Thut: Vom Zwei-Mann-Labor zum Weltkonzern)

Die Sammlung der 60 Werbetafeln der Wander AG wird im Verlauf des Jahres 2024 erschlossen und anschliessend in der Datenbank HelveticArchives zugänglich sein.

Literatur und Quellen

Letzte Änderung 25.01.2024

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